Die Ausgangslage:
»Auf der Suche nach einer Lobby für …
… Umweltschutz und Frieden«
Ende der 1970er Jahre steckt die Welt noch tief im so genannten »Kalten Krieg«. Doch während die etablierten Parteien weiter munter an der Schraube atomarer Aufrüstung drehen, hat eine größer werdende Gruppe der Bevölkerung keine Lust mehr auf den ignoranten Umgang mit der Umwelt und das Säbelrasseln des muffigen Polit-Establishments, dessen Protagonisten ihren Militär-Fetisch oft noch aus dem Dritten Reich mitgebracht haben.
Doch auch eine zivile Nutzung der Kernenergie war mit großen Müllproblemen des strahlenden Abfalls heikel und gefahrenlos, das wusste man auch lange vor Tschernobyl, war die explosive Technik nicht.
… Nachhaltigkeit und Ressourcen-Schonung«
Überhaupt, Stichwort Müll: Überall im Land plante man neue, monströse Müll-Opern, und zunehmende Berge an Abfall wurden ohne nennenswerte Wertstoff-Trennung oder Recycling allerorts verscharrt und verbrannt. Jede Menge Gift kam über das Grundwasser und die Luft zurück zu Mensch und Natur.
… Denkmalschutz und Baukultur«
Ähnlich schrecklich war der Umgang mit der historischen Bausubstanz. Gerade die Architektur der vorigen Jahrhundertwende war völlig out, denn die Propaganda der Baustoff-Industrie sang Lobes-Hymnen auf Beton, Eternit, Asbest und Glasbausteine. Die staatliche Städtebauförderung tauschte Geld nur gegen schwingende Abrissbirnen. Die Folgen waren verheerend: Auch in Fürth fiel dem Kahlschlag ein großer Teil der südlichen Altstadt zum Opfer: Das so genannte Gänsberg-Viertel wurde im Volksmund zur »Scherzer-Wüste«, benannt nach dem damaligen Oberbürgermeister Kurt Scherzer (FDP). Auch für das Altstadtviertel St. Michael mit Gustavstraße empfahlen die Gutachter den Totalabbruch.
Und dem Plan das Areal der ehemaligen Geismann-Brauerei an der Bäumenstraße für ein Einkaufszentrum (»City-Center«) – zeitgemäß mit Atomschutzbunker im Keller – zu planieren, opferten SPD, CSU und FDP einträchtig den größten Veranstaltungs-Saal der Stadt, zahllose Bandprobe-Räume der Jugend-Szene und Baudenkmäler von herausragendem Rang.
Noch nicht genug Grusel-Geschichten? Dann noch eine Zugabe: Die Verkehrsplaner feierten ungetrübt weiter das Konzept der »autogerechten Stadt«. In Fürth sollte dazu eine mehrspurige Ringstraße die grünen Talauen von Rednitz und Pegnitz ausfüllen.
Gründe gab es also genug: Überall im Land bilden sich so ab Frühjahr 1977 erste grüne und bunte Listen. Bei der bayerischen Landtagswahl am 15. Oktober 1978 traten erstmals »Die Grünen« an und erreichten 1,84 % der Wählerstimmen.
1979: Die Gründung des Fürther Kreisverbands
In Fürth luden 1979 Konrad Dietrich, Markus Broska und Helmut Gebauer zur Gründung einer Kreis-Gruppe. Zu diesem denkwürdigen Treffen in den Theatergaststätten kamen insgesamt 17 Interessierte, von denen 11 Mitglied wurden.
Damit waren die Grünen in Fürth mit einer der ersten Kreisverbände in Bayern, denn die Grünen in Nürnberg gründeten sich erst drei Monate später am 2. Oktober 1979, der Landesverband gründete sich am 7. Oktober 1979, ehe die Bundespartei im Januar 1980 folgte. Lediglich die Grüne Liste Erlangen lag mit ihrer Gründung im Herbst 1977 zeitlich vor Fürth.
Der erste Vorstand der Grünen Fürth bestand aus den Gründungsmitgliedern Markus Broska (Vorstand), Konrad Dietrich (Stellv. Vorsitzender) und Petra Adler, geb. Seitz (Schriftführerin) und Helmut Gebauer (Kassier).
»Frauen-Power« an der Spitze
Von Anfang an hatten die Fürther Grünen eine eigene aktive Frauengruppe, die permanent öffentlich präsent war. So hatte das erste Kommunalwahlprogramm dann auch von 18 Seiten stolze 3 Seiten Frauen-Politik – Damals noch alles andere als selbstverständlich!
Fürths grüne Frauen trugen maßgeblich dazu bei, dass ein Frauennotruf eingerichtet und das Frauenhaus gegründet wurde.
Fürths grüne Pionierinnen holten die ersten Frauenkongresse in Bayern nach Fürth. Und die Kleeblattstadt hatte in Ingrid Psimmas die erste sich öffentlich lesbisch bekennende Abgeordnete im Bayerischen Landtag. Sie rüttelte kräftig an den patriarchalischen Vortellungen der meisten Kollegen… einen »Meilenstein gegen die damals herrschende Chauvi-Kultur im Landtag« nannte das später ihre Mitstreiterin Margarete Bause, heute MdL, – ihrerseits bestens vernetzt mit den Grünen Fürther Frauen.
Einzug in den Stadtrat
Schon bevor es die Grünen gab, existierte in Fürth die Liste der „Unabhängigen“ um unser späteres Mitglied Lothar Berthold. Im »Arbeitskreis für kritische Kommunalpolitik« arbeitete man ab 1983 mit der jungen Partei offen zusammen und trat am 18. März 1984 mit der gemeinsamen Liste der »Grünen/Unabhängigen« zur Kommunalwahl in Fürth an.
Die Liste war paritätisch besetzt und Rotraut Grashey wurde die erste weibliche Oberbürgermeisterkandidatin Bayerns! Als Fraktionsgemeinschaft zogen Rotraut Grashey und Lothar Berthold schließlich erstmals in den Fürther Stadtrat ein.