14. Oktober 2022 – Will die Stadt Fürth in Zeiten drohender Energieknappheit ernsthaft noch mehr überdimensionale digitale Werbetafeln im Stadtgebiet zulassen? Um diese Frage wird es am Montag (17.10.22) im Wirtschafts- und Grundstücks-Ausschuss gehen. Die Menschen in Deutschland sollen Energie sparen, gleichzeitig leuchten an mehreren Stellen im Stadtgebiet (aktuell ja aufgrund Bundesverordnung zeitlich begrenzt) große LED-Displays, die in den letzten Jahren installiert wurden. Die GRÜNEN-Fraktion hat daher den Antrag gestellt, dass bis auf Weiteres keine zusätzlichen Werbetafeln mehr genehmigt werden sollen.
Doch die Stadtspitze scheint Anderes im Sinn zu haben, wie die GRÜNEN-Stadträt*innen vermuten: „Der Antrag wurde nicht – wie von uns beantragt – im Umweltausschuss behandelt, sondern vom Oberbürgermeister in den Wirtschaftsausschuss verschoben – verbunden mit dem Hinweis, dass die Tafeln übrigens auch für Gefahrenmitteilungen durch die Stadt genutzt werden können.“
Das mag ein nützlicher Nebeneffekt sein, aber in erster Linie sind es Werbeanlagen. Und wenn die Lage so ernst ist, dass europaweit Regierungen zum Verzicht aufrufen, dann sollte Werbung dabei nicht ausgespart werden. Wenn man allerdings die unterschiedlichen Perspektiven und Schwerpunkte von Umwelt- und Wirtschaftsausschuss einbezieht, bekräftigt die Verweisung vom einen in das andere Gremium den Verdacht, dass die Stadt sehr wohl vorhat, noch mehr dieser Stromfresser zuzulassen.
„Da muss man noch nicht einmal auf die grundlegenden schädlichen Folgen dieser Werbetafeln eingehen, wie z.B. die Lichtverschmutzung, die wiederum schlimme Auswirkungen auf Mensch und Tier hat. Alleine der enorme Energieverbrauch sollte als Argument genügen, um keine weiteren LED-Boards zu genehmigen“, finden die GRÜNEN-Stadträt*innen. Laut Tagesschau verbrauchen die gigantischen Großmonitore mehr als hundert Mal so viel Strom wie hintergrundbeleuchtete Plakate. Ca. 40.000 Kilowattstunden im Jahr benötigt beispielsweise nach Angaben der Initiative „Hamburg Werbefrei“ ein 10 Quadratmeter großes Board im 24-Stunden-Betrieb – also so viel wie ca. 30 Single-Haushalte.
Und dennoch geht es im GRÜNEN-Antrag explizit nicht um die Abschaltung der bestehenden Werbetafeln. Es sollen nur als Kompromiss keine neuen mehr genehmigt werden, wie die GRÜNEN-Fraktion erläutert: „Die Argumente für und gegen die Werbetafeln sind hinlänglich aus der Diskussion um die Genehmigung der ersten Tafeln bekannt. Deshalb haben wir einen Kompromiss-Antrag gestellt, bei dem wir dachten, dass er in den aktuellen Krisenzeiten breite Zustimmung finden würde. Zeitungen, Magazine, Fernsehsendungen, Soziale Medien – überall liest man Energiespartipps und die Forderung, die Bürger*innen mögen sich einschränken, wo immer es geht. Die Stadt selbst schaltet nun sogar nachts mehr Ampeln ab. In diesen Zeiten neue Energieschleudern wie diese riesigen Digitalboards zu genehmigen, würde diese Bemühungen absolut konterkarieren!“
Denn auch über die akute Energiekrise hinaus wird ein sparsamer Umgang mit Energie in den kommenden Jahren geboten sein. Immer mehr riesige Bildschirme setzen hier das völlig falsche Signal.
Fun fact am Rande: Oft beinhalten die Verträge der Anbieter dieser digitalen Werbetafeln auch einen Passus, in dem der jeweiligen Stadt vergünstigte oder sogar Gratis-Werbemöglichkeiten eingeräumt werden. Dann könnten die weithin sichtbaren Leuchtpanels auch für durchaus wirksame und günstige Eigen-PR genutzt werden. Entsprechend muten auch die städtischen Einblendungen auf den bereits bestehenden Screens an: Wenig echte Bürgerinnen-Information liest man dort, dafür viel Eigenlob und Erfolgsmeldungen der Stadtspitze. Ob sich eine Mehrheit für ein Moratorium bei den digitalen Werbetafeln findet? Wenn nicht, ist ein Zusammenhang mit diesen PR-Möglichkeiten und der Entscheidung vermutlich Zufall…
– GRÜNE sehen Großdisplays als „völlig falsches Signal“ in Zeiten von Energiespar-Appellen
– GRÜNEN-Fraktion wollte per Antrag im Umweltausschuss festlegen, dass vorerst keine weiteren großen LED-Werbetafeln mehr genehmigt werden
– OB verfügt stattdessen Behandlung im Wirtschaftsausschuss am 17.10.22 – spannende Diskussion erwartet
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