Fürth will zwischen 2035 und 2040 klimaneutral sein. Das hatte der Stadtrat schon im Frühjahr festgelegt. Im Dezember wurden die Maßnahmen des Integrierten Klimaschutzkonzepts (IKSK) beschlossen, die zum Erreichen dieses Ziels beitragen sollen. In einem aufwendigen und konstruktiven Beteiligungsverfahren mit den sogenannten Stakeholdern wurden die einzelnen Maßnahmen im Vorfeld gemeinsam diskutiert und meist konsensual festgehalten. Neben Umwelt-, Verkehrs- und Wirtschaftsverbänden waren auch Stadträt*innen verschiedenster Parteien dabei, ebenso wie interessierte Bürger*innen. „Wir GRÜNEN-Stadträt*innen haben uns zusätzlich bei zwei Mitgliederversammlungen mit der Partei-Basis ausgetauscht, um neue Impulse zu bekommen“, ergänzt Sabine Weber-Thumulla. „Diese haben wir dann in den weiteren Prozess eingebracht.“
Laut Klimaschutzkonzept müssen die Treibhausgas-Emissionen künftig um mindestens 7 Prozent pro Jahr zurückgehen – zuletzt war es nur ein Prozent. Der jährliche Stromverbrauch soll um 4 Prozent sinken, der Anteil erneuerbarer Energien an der Wärmeerzeugung von aktuell 6 auf 70 Prozent gesteigert werden. Pro Jahr sollen 5 Prozent der Gebäude energetisch saniert werden.
„Das mag ambitioniert klingen, aber wenn wir das Klimaschutzziel auch nur annähernd schaffen wollen, haben wir keine andere Wahl“, ordnet GRÜNEN-Stadtrat Philipp Steffen die Fürther Klima-Maßnahmen ein. „Wir hatten in der Diskussion den Eindruck, dass allmählich viele Stadtratskolleg*innen einsehen, dass der Klimaschutz einen wichtigen Stellenwert bekommen muss. Dass es eigentlich schon 5 nach 12 ist, haben aber offenbar immer noch die wenigsten verstanden.“
Um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, hatten die GRÜNEN-Stadträt*innen bei den Haushaltsberatungen schon für das Jahr 2022 u. a. pauschale Mittel für Klimaschutzmaßnahmen in Höhe von 300.000 Euro beantragt. Immerhin 250.000 Euro wurden tatsächlich beschlossen. Mit diesem Geld können nun verschiedene erste Klimaschutz- und Klimaanpassungs-Maßnahmen angeschoben werden, deren Umsetzung kurzfristig möglich ist.
„Doch leider wurde vieles von dem, was in Nachbarkommunen längst gemacht wird, auch in diesem Jahr wieder abgelehnt“, bedauert Sabine Weber-Thumulla. So wird es weiterhin in Fürth keine stärkere Förderung von Maßnahmen geben, die zur Energiewende beitragen (z.B. Wärmedämmung, private PV- und Solarthermieanlagen), und weder Gelder für eine Energieberatungsstelle noch für die aufsuchende Energieberatungskampagne „Energiekarawane“ für Privatpersonen und Gewerbetreibende. Diese GRÜNEN-Vorschläge wären nicht nur gut fürs Klima gewesen, sondern hätten auch einen wichtigen Impuls für die Unterstützung der lokalen Wirtschaft gebracht.
Auch beim Thema Erdgas war die GRÜNEN-Stadtratsfraktion nicht mit der Vorlage einverstanden, wie Philipp Steffen erläutert: „Den Plan, das bestehende Gasnetz „wasserstofftauglich“ zu machen, konnten wir mitgehen, auch wenn unklar ist, ob es jemals ausreichend CO2‐neutral erzeugten Wasserstoff geben wird, der großflächig zum Beheizen von Gebäuden nutzbar ist.“ Insofern handelt es sich um eine Wette auf den Durchbruch von Wasserstoff im Gebäudebereich, die ein gewisses Risiko birgt. „Eine Strategie, die eine Erweiterung des Gasnetzes vorsieht, können wir nur bedingt unterstützen“, führt Sabine Weber-Thumulla fort. „Denn durch die Nutzung von Erdgas werden erhebliche Mengen an Treibhausgasen emittiert – fast so viel wie bei Heizöl. Die Erzeugung von Wasserstoff aus regenerativ erzeugtem Strom, die Power-To-Gas-Technologie, kann aber helfen, fossile Energieträger zu ersetzen. Dafür sind Gasnetze wieder wichtig. Auch durch Biogas kann Erdgas ersetzt werden. Hier wollen wir darauf hinwirken, dass der Anteil des ökologisch erzeugten Biogases ohne Einsatz von Mais erhöht wird.“ Bevor man also viel Geld in Erdgas als „Brückentechnologie“ steckt, sollte man es lieber in erneuerbare Wärme oder andere zukunftsträchtige Technologien investieren.
„Dennoch haben wir im gesamten Konzept an sehr vielen Stellen die Handschrift einer grünen Klimapolitik wiedererkannt“, meint Philipp Steffen. „Vor allem in der geplanten Reduzierung des Autoverkehrs sehen wir einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung Verkehrswende.“ Denn um hier den Umbruch zu schaffen, muss der ÖPNV nicht nur an sich attraktiver werden, sondern vor allem auch im Vergleich zum Auto. Laut Klimaschutzkonzept soll der motorisierte Individualverkehr in Fürth bis 2030 von 50 auf 20 Prozent sinken. Den absehbaren Gegenwind, wenn es um entsprechende Maßnahmen wie Parkraumbeschränkungen oder verkehrsberuhigte Zonen geht, müssen Stadtrat und Stadtverwaltung aushalten. Skandalös war in diesem Zusammenhang der Vorstoß einzelner CSU-Stadträt*innen, alle sorgsam erarbeiteten Klimaschutz-Maßnahmen des Kapitels Mobilität in letzter Minute zu streichen. Der entsprechende Antrag fand zum Glück keine Mehrheit.
„Erst in der Umsetzung dieser Maßnahmen wird sich zeigen, wie ernst es die anderen Parteien mit dem Klimaschutz und der Verkehrswende tatsächlich meinen“, ergänzt Sabine Weber-Thumulla. Und Philipp Steffen fasst zusammen: „Auch wenn wir uns von den anderen Parteien beim Klimaschutz mehr Entschlossenheit und Leidenschaft beim Thema Klimaschutz gewünscht hätten, sind ‚einige Fortschritte‘ immer noch mehr als ‚keine Fortschritte‘.”
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