Anlässlich der Beratungen zum Haushaltsplanentwurf 2013 der Stadt Fürth, nachfolgend die Haushaltsrede von Brigitte Dittrich, Sprecherin der Stadtratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen Fürth:
Investitionen für die Zukunft – in die Zukunft ohne Altlasten – mit kreativen Lösungen
Wir Grüne wollen eine Stadt der Zukunft mit ökologisch nachhaltigen Konzepten, in der Alt und Jung, Arme und Reiche, Behinderte und kranke Menschen gemeinsam leben, arbeiten und bei Bedarf Hilfe erfahren.
Dazu braucht es keinen Möbelmarkt auf der Grünen Wiese, keinen Wohnungsmarkt, der den Investoren dient und keine (Frauen)arbeitsplätze im Niedriglohnbereich.
Unsere Anfragen bzw. Anträge für den Haushalt – nicht nur zu diesen Beratungen, sondern auch während des Jahres – sind sicherlich nicht immer im Sinne der Haushaltsdisziplin, aber stets mit Blick auf kommende Generationen und damit dienen sie letztendlich doch der Haushaltsdisziplin.
Wir wollen nachhaltiges und umweltgerechtes Bauen in der Stadt fördern: Keine neuen Baugebiete an oder in den Landschaftsschutzgebieten mit dem einhergehenden Verlust von wertvollen Bäumen. Dafür Passivhäuser mit Regenwassernutzung, Photovoltaikanlagen.
Im Sinne des demografischen Wandels ist Mehrgenerationenwohnen notwendig. Auch bezahlbarer und barrierefreier Wohnraum ist dringend erforderlich. Diese soziale Brisanz zeigt sich an der momentanen Belegung der Oststraße, dort sind aktuell viele Familien mit Kindern untergebracht.
Wir wollen keine Einkaufszentren auf der Grünen Wiese, ohne öffentliche Anbindung. Einkaufen muss auch ohne Kraftfahrzeug möglich sein! Die Innenstadt muss Einkaufsstadt mit mehr Angeboten, darunter aus regionalem und fairen Handel werden. Kleidung auch für junge Leute – aus fairem Handel. Ein Lebensmittelvollsortimenter, Reformhaus und Naturkostladen fehlen in der Innenstadt.
Wir brauchen nicht mehr Straßen, sondern weniger Schadstoffbelastung und Verkehrslärm, der Menschen krank macht, die Aufenthaltsqualität vermiest und öffentliche Haushalte belastet.
Ökologisch sinnvoll ist ein bezahlbarer ÖPNV, der Ausbau der Radwege (Erhöhung der Radwegpauschale, keine Kürzungen im Radweghaushalt – wie in den letzten Jahren) und barrierefreie Fußwege. Tempo 30 in der Stadt und mehr Spiel- und Fahrradstraßen. Besonders Kinder brauchen großzügige Bewegungsräume ohne Gefährdung durch den Autoverkehr.
Kinder brauchen aber auch adäquate Kinderbetreuung und Bildung, kleinere Gruppen, gut ausgebildete ErzieherInnen und pädagogisches Personal – das angemessen entlohnt wird. Denn Kinder, nicht Kraftfahrzeuge sind (lt. bayrischer Verfassung) unser „köstlichstes Gut“.
Es gibt einige Punkte, die mit unseren Vorstellungen nicht zusammenpassen:
Von der Mehrheitsfraktion und ihrem Oberbürgermeister wünschen wir uns zu aller erst mehr Offenheit und Transparenz.
Die strategisch in die Zukunft blickende Umweltplanung ist zur reinen technisch überwachenden Umweltordnungsbehörde verkommen! Nicht nur ein Klimaschutzfahrplan sondern auch der Stellenwert der Solarstadt Fürth fällt dem zum Opfer.
Für das Stadtklima ist der Erhalt der Konrad-Adenauer-Anlage mit dem Fontänenbrunnen dringend notwendig, zudem braucht es mehr Bäume und Fassadenbegrünung in der Innenstadt.
Auch der alte Fuhrpark der Stadtverwaltung kann wegen fehlender Gelder nicht ersetzt werden und kostet immer mehr Unterhalt und verpestet zudem die Umwelt.
Das Ludwig Erhard Haus aus staatlichen Mitteln zu finanzieren belastet auch den Haushalt: es gibt wichtigeres – z.B. das Jüdische Museum, wo das Geld besser angelegt wäre. Eine Bebauung hinter dem Rathaus soll unterbleiben, um den Platz freizuhalten für einen Erweiterungsbau der Verwaltung – kurze Wege und Begrenzung der Mietkosten bei den Verwaltungsgebäuden sollen Vorrang vor Prestigeobjekten haben.
Die Innenausstattung bei den Schulen ist teilweise 40 Jahre alt und entspricht nicht mehr den Anforderungen, die Kinder sind größer geworden und brauchen deshalb auch andere Sitzmöbel, die naturwissenschaftlichen Räume sind veraltet usw.
An die Adresse von Bund und Freistaat muss ich feststellen: Das Konnexitätsprinzip wird nicht eingehalten – das Recht auf einen Betreuungsplatz für unter 3 Jährige, Kinderschutz, Pflegeberatung, und weiteres wurde bestellt, aber nicht bezahlt.
Zudem verweigert die Union den Mindestlohn, die Vermögenssteuer und, im Verein mit den Liberalen, auch höhere Steuern für Reiche – die dadurch entstehende Armut und die Finanzierungslücke muss von den Kommunen aufgefangen werden. Sogar die Spitzensteuersätze wollen sie noch kappen, auf Kosten der Städte und Gemeinden.
Dabei werden jetzt schon städtische Aufgaben auf andere Institutionen verteilt ohne die nötigen Gelder zu zahlen: Die Diakonie mit der Schuldnerberatungsstelle, das Mütterzentrum im betreuten Umgang, oder die Kinderarche, die „unser köstlichstes Gut“ schützt, ohne dafür die Mittel zu bekommen.
Fördern und fordern, sagen sie, und fordern dann doch nur, versenken Milliarden in obskuren Bankgeschäften und sind mit verantwortlich für das Defizit in den Kommunen.
Aber das ist ja verständlich: Mit christlichen Grundwerten ist in Bayern keine Wahl zu gewinnen. Mit Machiavelli hingegen klappt das seit sechzig Jahren einwandfrei.
Bündnis 90/Die Grünen – Haushaltsrede Dezember 2012
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